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Ein Fell für Zwei: Pouf

Was unterscheidet den Menschen vom Tier? Diese philosophische Frage wurde auf unzählige Weisen beantwortet. Viele vermeintlich unverrückbare Weisheiten hat die moderne Biologie freilich im letzten Jahrhundert pulverisiert. Tiere haben Humor und können auf Rache aus sein wie ein Mafioso, wenn einer seiner Wasserträger die Omertà verletzt. Außerdem haben sie Bewusstsein, mindestens so viel wie der durchschnittliche Wiesnbesucher nach der dritten Maß. Apropos, sie berauschen sich auch gern. Giraffen oder Elefanten verputzen zum Beispiel mit Vorliebe vergorene Früchte. In Wien sind schon mal Seidenschwänze vom Himmel gefallen, weil sie von überreifen Weintrauben hackedicht waren. Sibirische Rentiere futtern gern halluzinogene Pilze. Zum Glück sind das nicht die Zugtiere vom Weihnachtsmann, sonst würden die über Skandinavien schon alle Päckchen abwerfen.

Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Aber ich will einen Unterschied vorsichtig konstatieren: Den Menschen unterscheidet vom Tier die derzeit populäre Unterscheidung zwischen sozialem Geschlecht (Gender) und biologischem. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es Löwen gibt, die an ihrer Männlichkeit zweifeln, sich insgeheim als Königin der Tiere sehen oder als „two spirits“ (eine der Möglichkeiten, sich auf Facebook in der Schweiz oder in den USA zu registrieren).

Die Lebenswelt des Menschen befindet sich in einem rasanten Wandel, wir werden immer mehr zu Individuen, die sich allgemeinen Definitionen und pauschalen Gruppenidentifikationen entziehen. Ins Extrem gedacht gibt es irgendwann einmal 8 Milliarden soziale Geschlechter und zwei biologische auf unserem schönen blauen Planeten.

Aber Tiere? Speziell Katzen? Meine Frau liebt Makramee. Neulich hat sie einen Pouf gemacht, ein rundes, hohes Sitzkissen, gefüllt mit Hirse. Der Bezug ist mit Makramee geknüpft. Ich war wie elektrisiert von diesem wunderschönen Artefakt, das mir ein Überbleibsel aus einer längst vergangenen Zeit schien, einer Zeit, in der es nur zwei Geschlechter gab und diese auch noch klar definiert waren. Ja, der Anblick dieses Paschakissens erweckte den Sultan in mir. Dieser hält sich ansonsten ziemlich gut versteckt in meinem sozialen Geschlecht.

Ich setzte mich breit auf den Pouf, schloss die Augen und spürte, wie mich ein Testosterontsunami überkam. Endlich, so kam es mir vor, bin ich der Herrscher in meinem kleinen Reich. Ich schnippte mit den Fingern und gebot meiner Lieblingsfrau, mir eine Erfrischung zu holen, das traditionelle bayerische Nationalgetränk selbstverständlich. Dann erläuterte ich ihr das neue Hofzeremoniell, nach dem sie sich nur gebeugt ihrem Herrn und Gebieter zu nähern hatte und diesen auch genauso anzusprechen. Schließlich verlangte ich nach einer Fußmassage und…

Dies ist eine Katzenkolumne, deshalb will ich die Reaktion meiner geliebten Frau verschweigen. Auf keinen Fall erwähne ich öffentlich, wie sie mich ausgelacht hat, dass man es bis Starnberg hörte. Seit jenem traumatischen Tag verweigert mein Gesäß den engen Kontakt mit dem Pouf. Bahn frei für die Katzen. Unser Javi schläft unheimlich gern darauf. Wenn mein sechseinhalb Kilo Kater sich majestätisch auf dem Paschakissen räkelt und die dicken Pfoten von sich streckt, dann schaut er nach dem König der Tiere in diesem Haus aus. Nein, dann ist er der König der Tiere. Die kleine Laureline schnurrt oft bei uns auf dem Sofa, hüpft aber dann zu Javi, wenn sie nicht mehr gestreichelt werden will. Engumschlungen liegt unser Kater aber ungern. Wenn er müde und träge ist, will er seine Ruhe haben und verzieht sich, räumt das Pouffeld also freiwillig.

Nicht so, wenn er fit ist. Dann liegt er oft ein bisschen wie die Sphinx auf dem Kissen und verteidigt es gegen alle Angriffe seiner kleinen Schwester. Da kann die Lütte kratzen und beißen, wie sie will, wenn der Pascha thronen will, dann thront er. Und neulich lag er wieder einmal breit und genießerisch auf diesem herrlichen Kissen, die Sonne schien auf sein rötlich-weißes Fell, die Welt schien perfekt und trotzdem maunzte er, aber nur kurz. Denn schon brachte ihm sein Frauli ein paar Knuspertaschen, die er mit hörbarem Genuss verspeiste. Kater müsste man sein, schoss es mir durch den Kopf, und ein Anflug von Neid befiel mich. Aber nur kurz. Es ist schon in Ordnung, dass es Unterschiede zwischen Mensch und Tier gibt.

svgDer Tod des Märchenkönigs
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svgKommissarin Tischlers vierter Fall

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